Raster und Netz
Statement zur eigenen Arbeit
Meine aktuellen Arbeiten basieren auf die Beobachtung von Trampelpfaden, welche die weiten ornamentalen Rasenflächen der Autostadt Brasilia durchkreuzen. Diese Umnutzungsmarkierungen in der vorgegebenen Infrastruktur erzählen zum einen von dem spezifischen Kontext Brasilias und den damit verbundenen historischen, soziologischen sowie ökologischen Zusammenhängen. Zum anderen führt das Bild der organisch entstandenen Verknüpfungen in den Zwischenräumen eines geplanten Asphaltgitters zu einer allgemeineren Auseinandersetzung mit Raster und Netz als Formen Raum zu denken und (um zu) nutzen.
Somit entstehen zum einen Foto-, Videoarbeiten und Zeichnungen, welche Beobachtungen konkreter Räume und darin stattfindende Prozesse dokumentieren. Zum anderen untersuche ich in grafischen Arbeiten organisch entstandene und errechnete Liniengeflechte. Darin gehe ich der Frage nach, ob das Bildpaar Raster und Netz allgemein als eine Verbildlichung menschlichen (westlichen?) Denkens und Handelns betrachtet werden kann. Ist sozial-, politisch- und medial-historisch gesehen jeweils ein Strukturbild vorherrschend? Das Raster (grid) bildet als dominanter Mythos der Moderne die Visualisierung des modernen Glaubens an das rational-lineare Denken. Ist dieser Logik zufolge das Netz das Paradigma unserer Zeit?
Die Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum Brasilias führt auch zu einer dritten Werkgruppe, die auf Stickbilder fokussiert. Die Arbeiten eignen sich die (semilegal) für Werbezwecke oder in Demonstrationen eingesetzte, neongelbe Stoffe und auch deren Transparent artige Anbringung an. Diese Stoffe werden zusammen mit bedruckten Papierfragmenten bestickt. Die Motive bewegen sich zwischen öffentlichen und individuellen, schrillen und leisen Handlungen.